Lebhafte Debatte um Stadtwerke-Beteiligung

Konstanz, 22. Juni 2023.

Die Stadtwerke Konstanz haben ihre Strategie auf die Klimaschutzziele der Stadt Konstanz angepasst und planen, die damit einhergehenden Herausforderungen der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende mithilfe eines Partners zu meistern. In einer Veranstaltung wurden die Bürgerinnen und Bürger anhand eines Entscheidungsbaumes über die Strategie sowie über den bisherigen Weg informiert. Jörg-Peter Rau, Leiter der Südkurier-Lokalredaktion, moderierte die Runde in der voll besetzten Spiegelhalle. In der sehr lebhaften Debatte äußerten sich auch Bürger mit kritischen Fragen.

Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Norbert Reuter erläuterte die Zusammenhänge und die bisherigen Überlegungen des Unternehmens. „Der Gemeinderat der Stadt Konstanz hat im März 2021 mit großer Mehrheit das ,Klima-Plus-Szenario‘ beschlossen, welches eine schnelle Absenkung der Treibhausgas-Emissionen vorsieht. Konstanz soll bis zum Jahr 2035 weitgehend klimaneutral werden. Die Stadtwerke Konstanz verstehen sich hierbei als wichtiger Partner und Treiber der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende in Konstanz“, sagte er. Alleine für die Wärmewende seien Investitionen von rund 500 Millionen Euro in Konstanz in den nächsten 15 Jahren nötig. Daher werde ein strategischer Partner gesucht, der bei der Umsetzung der hochambitionierten Ziele und der damit verbundenen Transformation vieler Bereiche der Stadtwerke unterstützt.  

Hierzu ist unter anderem geplant, die energiewirtschaftlichen Bereiche in einer Stadtwerke Konstanz Energie GmbH anzusiedeln. Der künftige Partner könnte dabei eine Minderheitsbeteiligung mit bis zu 25,1 Prozent erhalten, also verbleiben rund Dreiviertel der Anteile bei den Stadtwerken. „Wir werden deshalb auch weiterhin nahezu alle Entscheidungen selbst festlegen und steuern, haben aber ein starkes Kooperationsnetzwerk zur Bewältigung der Herausforderungen an der Seite“, so der Geschäftsführer.

In einem Markterkundungs-Verfahren untersuchten die Stadtwerke mögliche Kooperationen oder Partnerschaften. Norbert Reuter: „Im Ergebnis ergibt das Kooperationsmodell der Thüga aus der Bewertung des Lenkungskreises das umfangreichste und überzeugendste “ Das Kooperationsnetzwerk der Thüga mit rund 100 kommunalen Stadtwerken sei mit Abstand das größte und leistungsfähigste Netzwerk von Energieunternehmen in Deutschland. Die Thüga ist zu 100 Prozent in kommunalem Besitz und verfolgt kommunale Zielstellungen.

„Wenn wir in fünf Jahren auf 2023 zurückblicken, werden wir den Arbeitsmarkt von heute als ,rosig‘ einstufen“, sagte Professor Guido Baltes von der HTWG Konstanz mit Blick auf die heute bereits angespannte Situation am Arbeitsmarkt und den zunehmenden Fachkräftemangel. Die entscheidenden Herausforderungen seien das nötige technische Wissen und das Spezial-Knowhow für die Themen der Energiewende, um die nötigen Infrastrukturen und Plattformen aufzubauen. „Diese anspruchsvolle Aufgabe zu leisten, ist in der Gruppe vermutlich einfacher. Das Risiko ist signifikant, diese Transformation so zu bewältigen, dass es wirtschaftlich aufgeht.“ 

Oberbürgermeister Uli Burchardt sprach von großen Herausforderungen für die Stadt und die Stadtwerke bei den Entwicklungen in der Energieversorgung. „Wir können die Herausforderungen der Zukunft nur meistern, wenn wir für die Stadtwerke starke Partner an der Hand haben. Wir als Stadt brauchen Bündnisse, um unser Ziel der Klimaneutralität zu erreichen und die vielen anderen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Ein solches starkes Bündnis könnte die strategische Partnerschaft mit der Thüga sein. Alleine schaffen wir das nicht.“

Bürger hinterfragten in der Runde kritisch, ob eine Beteiligung des Partners in Höhe von 25,1 Prozent sinnvoll sei und ob die Konstanzer Bürgerinnen und Bürger dann noch mitbestimmen können. Die Eigenständigkeit als Unternehmen bleibe gewahrt, entgegnete Tobias Hagenmeyer, Geschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell, die seit 2003 die Thüga AG als strategischen Gesellschafter und Partner haben. Er sieht die Notwendigkeit solcher partnerschaftlichen Lösungen und sprach von einer 20-jährigen Erfolgsgeschichte: „Nur in einem starken Verbund beziehungsweise in Zusammenarbeit mit Partnern können die künftigen Herausforderungen bewältigt werden.“ Sein Unternehmen habe viele positive Erfahrungen gemacht, unter anderem bei der Energiebeschaffung, der Entwicklung neuer Geschäftsfelder, Produkten und Services.

Bene Müller, Vorstand der solarcomplex AG, schlug vor, wie sein eigenes Unternehmen mehr Bürgerkapital einzuwerben. „Aus rein finanziellen Gründen wäre dann ein Zusammenschluss der Akteure nicht nötig.“ Als problematisch für Energieunternehmen sieht er dagegen die Personalsituation und die nötige Geschwindigkeit bei der Transformation. Er sprach vor einer gewaltigen Aufgabe. „Jede Partnerschaft, die die Energiewende als Ziel hat, ist eine gute Partnerschaft.“ Er forderte in der Gesellschaft mehr Gemeinsinn und Miteinander, um die Aufgaben gemeinsam zu lösen.

Mathias Nikolay berichtete als ehemaliger Vorstand der Badenova in Freiburg. Für deren ausgesprochen positive Entwicklung sei die Einbettung in das Thüga-Netzwerk ein entscheidender Erfolgsfaktor gewesen: „Der bedeutsame strategische Kurswechsel vom reinen klassischen Energieversorger ,alter Prägung‘ zum ökologisch orientierten Energie- und Umweltdienstleister, ja sogar Vorreiter, erforderte einen tiefgreifenden Umbau des Unternehmens, der im Einklang mit den Umwelt- und Klimaschutz-Zielen der Region erfolgte.“ Die Kompetenzen der Thüga-Gruppe sowie die Zusammenarbeit im Thüga-Netzwerk seien für Management und Mitarbeitende ein wesentlicher Faktor bei der Bewältigung der steigenden Herausforderungen.

Die Stadtwerke Konstanz wollen im Laufe des Jahres Klarheit schaffen, mit welchem Partner die Herausforderungen künftig gemeinsam angegangen werden. Der Aufsichts- und der Gemeinderat sind eng in die Planungen eingebunden und treffen die Entscheidungen für alle nächsten Schritte. Zudem befasst sich ein Gremium mit Fachleuten und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern mit dem Thema.

Foto: Auf dem Podium bei der Diskussion über die mögliche Beteiligung der Stadtwerke Konstanz saßen: (von links) Stadtwerke-Geschäftsführer Dr. Norbert Reuter, Tobias Hagenmeyer, Geschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell, Professor Guido Baltes von der HTWG Konstanz, Jörg-Peter Rau, Leiter der Südkurier-Lokalredaktion, der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt, Bene Müller, Vorstand der solarcomplex AG, und Mathias Nikolay, ehemaliger Vorstand der Badenova Freiburg.

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